Der Gesetzgeber hat vor wenigen Jahren das Werkvertragsrecht neu geregelt und insbesondere den Verbraucherschutz stärken wollen und hierfür Sonderregelungen ab 2018 bezüglich eines Verbraucherbauvertrages eingeführt. Nunmehr gibt es erste Rechtsprechung, die neue Rechtsunsicherheiten schafft:
Der in den §§ 650 i BGB neu geregelte Verbraucherbauvertrag sieht Besonderheiten für Verbraucher vor. Verbraucher ist jede natürliche Person, die Bauverträge abschließt, die weder überwiegend ihrer gewerblichen noch ihrer selbständigen Tätigkeit zuzurechnen sind. Alle die als „Privatmenschen“ Bauaufträge erteilen, sind also grundsätzlich Verbraucher. Ein Verbraucherbauvertrag liegt nach dem Gesetzeswortlaut allerdings nur dann vor, wenn ein Unternehmer von einem Verbraucher zum Bau eines neuen Gebäudes oder zu erheblichen Umbaumaßnahmen verpflichtet wird.
Nur dann gibt es Besonderheiten zum Schutz des Verbrauchers zu beachten: Der Vertrag bedarf mindestens der Textform. Der Unternehmer muss eine genaue Baubeschreibung vorlegen, was detailliert in Artikel 249 i EGBGB geregelt ist. Der genaue Inhalt der Baubeschreibung ist dort festgelegt. Die allgemeine und genaue Beschreibung des herzustellen Gebäudes einschließlich der Einzelgewerke ist hier ebenfalls in Textform zu vereinbaren wie auch Gebäudedaten und Pläne mit Raum- und Flächenangaben, Grundrisse und Schnitte etc. dem Vertrag zugrunde zu legen sind.
Dem Verbraucher steht beim Verbraucherbauvertrag ein Widerrufsrecht nach 650 l BGB zu und er kann eine besondere Sicherheit einbehalten. Auch aus diesem Grunde ist die genaue Qualifizierung des Vertrages, ob also ein Verbraucherbauvertrag vorliegt oder nicht, entscheidend. In der Praxis werden jedoch täglich tausendfach einzelne Gewerke an Unternehmern von Verbrauchern vergeben, deren diesbezügliche Einordnung schwierig ist.
Ob es sich bei der Vergabe von Einzelgewerken um einen Verbraucherbauvertrag handelt, ist in der Rechtsprechung noch umstritten. Das Oberlandesgericht Hamm hat z.B. am 24.04.2021 entschieden, dass auch bei einer gewerkeweisen Vergabe ein Verbraucherbauvertrag vorliegen kann, wenn diese im Zusammenhang mit der Erstellung eines neuen Gebäudes erfolgt. Dieser Auffassung hat sich das OLG Zweibrücken in einem Urteil vom 29.03.2022 angeschlossen. Richtigerweise hat aber dann das Oberlandesgericht München auch klargestellt, dass, wenn ein privater Auftraggeber Arbeiten für ein Einzelgewerk vergibt, in der Regel kein Verbraucherbauvertrag vorliegt. In den nächsten Jahren wird sich hier sicherlich die Rechtsprechung spätestens durch eine Entscheidung des Bundesgerichtshofes vereinheitlichen.
Ich gehe davon aus, dass bei Einzelvergabe von einzelnen Gewerken, wenn es nicht den gesamten Rohbau oder die Dacheindeckung betrifft, kein sogenannter Verbraucherbauvertrag vorliegen dürfte. Für Einzelaufträge wie z.B. für Estricharbeiten, Elektro-, Sanitär-, Heizungs- und Fliesenarbeiten beispw. oder Fenster und Türen, dürfte wohl nach der richtigen Rechtsprechung des OLG München zukünftig nicht von einem Verbraucherbauvertrag ausgegangen werden, so dass das einfache, normale Werkvertragsrecht in diesen Fällen auch weiterhin anwendbar ist und die besonderen Vorschriften der §§ 650 i BGB in derartigen Fällen nicht anzuwenden sein werden.
Bei Fragen rund um das Bauvertragsrecht stehen Ihnen unsere Ansprechpartner Rechtsanwalt René Henkys und Rechtsanwältin Antje Haas gerne zur Verfügung.