Scheinselbstständigkeit und Sozialversicherungspflicht

bei Sport und Kultur

Zunächst hat das Bundessozialgericht in einer Entscheidung vom 28.06.2022 bzgl. einer Musikschullehrerin, die in der üblichen Art und Weise bei einer Musikschule als Honorarkraft beschäftigt war, eine sog. Scheinselbstständigkeit und damit die Sozialversicherungspflicht festgestellt. Die anerkannten Abgrenzungskriterien zwischen Selbstständigkeit und abhängiger, sozialversicherungspflichtiger Beschäftigung wurden in den letzten Jahren sowohl vom Gesetzgeber als auch von der Rechtsprechung immer wieder verschärft, zuletzt mit der genannten Entscheidung. Vermeintliche Selbständige, insbesondere Honorarkräfte im Sport und im Kulturbereich, sollen nach dem Wunsch des Bundessozialgerichtes in die Sozialversicherungspflicht gedrängt werden.

Dem folgen auch die Landessozialgerichte, die entsprechend die Möglichkeit der Tätigkeiten von Honorarkräften weiter einschränken. In einer aktuellen Entscheidung vom 18.06.2024 hat das Landessozialgericht Hessen auch bei einer Reitlehrerin, die ohne eigene Pferde für eine Reitverein regelmäßig Unterricht gibt, eine abhängige Beschäftigung festgestellt und den Verein zur Nachzahlung von Sozialversicherungsbeiträgen verpflichtet.

Allen Sport- und Freizeitvereinen, aber auch Kulturvereinigungen etc., ist deshalb dringend angeraten, ihre Regelungen im Hinblick auf die Beschäftigung von Honorarkräften zu überprüfen. Honorarkräfte können prüfen lassen, ob nachträglich Sozialversicherungszahlungen allein durch Arbeitgeber in Betracht kommen.

Denn häufig wird mittlerweile eine abhängige Beschäftigung angenommen, weil nebenberufliche Trainer oder Lehrer meist kein eigenes unternehmerisches Risiko tragen, keine eigenen Rechnungen erstellen und meist auch vereinseigene Gegenstände oder Sportstätten etc. nutzen. Häufig werden vom Verein in Abstimmung mit den Vereinsmitgliedern auch die Arbeits- und Trainingszeiten den Trainern oder Lehrern vorgegeben. Trainingsvereinbarungen werden dann häufig zwischen Vereinsmitglied und Verein geschlossen, aber nicht direkt mit den Trainern oder Lehrern, was auf eine abhängige Beschäftigung hindeutet.

Daraus ergibt sich nicht nur für Kulturvereine oder Musikschulen, sondern eben auch für jeden einzelnen Sportverein, möglicherweise eine wirtschaftliche Existenzbedrohung, wenn nach einer etwaigen Betriebsprüfung oder nach einem entsprechendem Prüfungswunsch des betroffenen Arbeitnehmers die Sozialversicherung eine sog. Scheinselbstständigkeit feststellt. Aufgrund eines Statusfeststellungsverfahren sind Nachzahlungen möglich, die dann, und zwar für mindestens vier Jahre, allein vom „Arbeitgeber“ zu tragen sind. Dies wird von der Rentenversicherung aufgrund von vermeintlichen Indizien für eine Scheinselbstständigkeit wie z. B. relative feste Arbeitszeiten oder zu mindestens vorgegebene Arbeitszeiten durch den Arbeitgeber, Integration in Prozess- und Infrastruktur des Auftraggebers sowie Arbeiten mit seinem Eigentum und in seinen Räumlichkeiten, entschieden.

Eine Weisungsbefugnis des Auftraggebers bei der Erfüllung der Aufgaben des „Scheinselbständigen“ wird ebenfalls als wesentliches Kriterium betrachtet. Indizien für eine Scheinselbständigkeit können dabei allerdings auch feste, regelmäßige Bezüge und keine Beschäftigung von eigenen versicherungspflichtigen Arbeiten durch den Scheinselbstständigen sein.

Nach der Entscheidung des Landessozialgerichtes soll allerdings ein freier Mitarbeitervertrag für Übungsleiter im Bereich des Sports, der vom DFB gemeinsam mit der Deutschen Rentenversicherung erarbeitet wurde, eine gewisse Rechtssicherheit bieten, wenn der Vertrag nicht nur förmlich geschlossen, sondern auch entsprechend den dortigen Regelungen als echte Selbstständigkeit des Übungsleiters gelebt wird.

Gerne beraten wir Sie im Hinblick auf Ihre individuelle Situation, ob die Annahme einer Scheinselbständigkeit durch die Sozialversicherung in Betracht kommt und wie eine solche Bewertung vermieden werden kann. Auch können wir Ihnen individuelle Vertragsgestaltungen vorschlagen.

Ansprechpartnerin im Sozialversicherungsbereich hierfür ist Frau Rechtsanwältin Haas aufgrund ihrer sozialversicherungsrechtlichen Ausbildung und Schwerpunktbildung, aber auch die Fachanwälte für Arbeitsrecht René Henkys und Michael Klock können Sie auch in diesem Bereich kompetent beraten und vertreten.

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